Slipping through my fingers

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3 Wochen schon weilt das Kind bei den Großeltern, eine lange Zeit. Den Bus, der nur 2 mal am Tag fährt, 2 mal muss sie umsteigen, nimmt sie zum See, dort trifft sie sich mit einer Freundin und dann zurück.

Ganz allein.

Ich, ja ich, ich habe schon ein mulmiges Gefühl, wenn sie, ja sie, in Wien alleine U-Bahn fährt, da hilft es auch nichts mir zu sagen, sie ist schon groß, die Glucke in mir schreit und kräht und jammert und fleht, auch ein wenig. Fleht um was? Um Kontrolle, um Stillstand, um eine Sicherheit im Leben, die es nicht geben kann, also kräht es um Vertrauen, am lautesten wahrscheinlich um mein eigenes Vertrauen in die, oder in der Welt,

aber mein Küken, hört mein Küken aus all dem, am lautesten:

DU TRAUST MIR NICHTS ZU?

Das Küken ist im Oktober ein Teenager, das ist nicht zu negieren, in einem Jahr ist sie strafmündig und in 3 Jahren darf sie wählen, das Küken, das manchmal reifer und weiser spricht, als ein altes, jetzt hätt ich fast geschrieben, Suppenhuhn.

So ist s im Leben, wenn man jung ist, dann will man frei sein, selbstbestimmen, nichts rechtfertigen müssen, frei, endlich frei,

die alte Glucke aber, die hat langsam Sehnsucht, nach einem tiefen, aufmerksamen Blick in die Augen und der Frage, „wie geht es dir?“,

und jemandem, der keine Ausflüchte gelten lässt,

und jeder Antwort standhält.

Ich weiß, es ist richtig kitschig, aber „slipping through my fingers“ ABBA, wortgewordenen Gluckenmelancholie

und weil alle übers Wetter reden, der Herbst ist schuld daran,

vielleicht.

 

Die Schultasche in der Hand verlässt sie frühmorgens das Haus,
Winkt zum Abschied mit einem abwesenden Lächeln.
Ich sehe ihr zu, wie sie geht, mit einer Woge dieser wohlbekannten Traurigkeit,
Und ich muss mich für einen Augenblick hinsetzen.
Dieses Gefühl, dass ich sie für immer verlieren könnte,
Ohne jemals ihre Welt betreten zu haben.
Ich bin froh wann immer ich ihr Lachen teilen kann,
Dieses seltsame kleine Mädchen.

Es rinnt mir immer durch meine Finger,
Ich versuche, jede Minute zu erhaschen
Das Gefühl, welches in ihr liegt,
Es rinnt mir immer durch meine Finger.
Sehe ich wirklich, was sie denkt?
Wenn immer ich glaube, dass ich nah dran bin, es zu wissen,
Wächst sie.
Rinnt mir immer durch meine Finger

Den Schlaf noch in unseren Augen, sie und ich am Frühstückstisch,
Kaum wach, lass ich wertvolle Zeit vergehen.
Und wenn sie dann weg ist, ist da wieder dieses alte melancholische Gefühl,
Und ein Gefühl von Schuld, das ich nicht verdrängen kann.
Was passierte mit all den wundervollen Abenteuern,
Den Orten, an die ich geplant hatte, zusammen zu gehen?
(Rinnt mir immer durch meine Finger)
Gut, manches davon haben wir gemacht, aber das meiste nicht,
Und warum weiß ich nicht.

Es rinnt mir immer durch meine Finger,
Ich versuche, jede Minute zu erhaschen
Das Gefühl, welches in ihr liegt,
Es rinnt mir immer durch meine Finger.
Sehe ich wirklich, was sie denkt?
Wenn immer ich glaube, dass ich nah dran bin, es zu wissen,
Wächst sie.
Rinnt mir immer durch meine Finger

Manchmal wünschte ich, den Augenblick einfrieren zu können,
Um ihn von den seltsamen Tricks der Zeit zu schützen.
Rinnt mir durch meine Finger…
Rinnt mir immer durch meine Finger.

Die Schultasche in der Hand verlässt sie frühmorgens das Haus,
Winkt zum Abschied mit einem abwesenden Lächeln.

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2 Kommentare

  1. Wunderbar! Danke für diese Übersetzung. Hab nicht gedacht dass ABBA so tiefsinnige Texte geschrieben haben. Wirklich schön!

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