vom Eise befreit

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also wieder Ostern, also wieder. Wie immer ist das Kind zu Ostern in Kärnten, in Kärnten ist Ostern wichtiger als Weihnachten. Ich vermisse sie, ich hätte sie gerne bei mir. Kurz erst sind die Semsterferien her und der Schikurs und schon wieder ist sie weg.  Sicher ich weiß es zu schätzen die Zeit für mich selbst und außer dem Ostermontag führen mich meine Tage ja ins Büro und da ist es gut, dass sie mit Hühnerfüttern, Apfelstrudel backen und seltsam für sie exotischen Dingen wie Schinkenweihe beschäftigt ist. Sie liebt das, sie, die nichts mit der Kirche verbindet, zieht sich ein Dirndl an, nimmt den Korb in die Hand und begleitet ihre Oma. Hoffentlich zieht sie eine Jacke über das Dirndl, es ist kalt geworden, ich freue mich, dass ihre Welt sich nicht nur auf mich beschränkt, die Oma hatte einen Schlaganfall und dann wurde Brustkrebs diagnostiziert, Bestrahlungen gehören nun zu den Themen im Haus in Kärnten. Wie gehts der Oma? frage ich. Wie soll es ihr da schon gehen, sie ist geschwächt, ABER sie schafft das schon, ich weiß das! antwortet sie dann mir,   in erster Linie sich selbst.

Ja ich hoffe das, dass sie das schafft, unser Verhältnis ist nicht sehr gut, es kann es gar nicht sein. Sie ist Mutter, ihr Sohn und ich, das ist Vergangenheit, in ihrer Welt ist es nicht verständlich sich zu trennen, egal was ist oder eben nicht.

Bevor sie operiert wurde, hat sie vorgekocht dem Opa, damit der was zu essen hat, wenn sie „ausfällt“, als nach der OP der Arzt ihr die Diagnose mitteilte, wartete der Opa draußen vor der Türe, weinend, zuviel für ihn.

Ich erinnere mich an meine Besuche in Kärnten. Sie am Herd, servierte die Suppe, erst dem Mann, dann den 3 Söhnen. Aß erst als alle schon fertig waren, schrecklich fand ich das und dann manchmal bibbernd die Nachfrage an mich, „Hat der Suppn was gfehlt, er hot nur anen Teller gessen?“

Generationsfrage könnte man sagen, ja aber die Söhne die tragen das weiter, außer sie reflektieren soweit, dass sie selbst die Suppe kochen, dass sie zusammen kochen und essen wollen, oft aber, findet dieser Prozess nicht statt.

Im Büro, über das ich immer wieder schreiben muss, sitzen ein paar Mütter, alle außer mir haben Söhne, alle außer mir haben einen Mann.

Oft höre ich Sätze aus diesen Mündern zwischen 30 und Ende 50, die auch in der Kärntnerküche, hinter der Halbgardine mit Blick auf das übermächtige Kreuz oben bei der Kirche und dem Friedhof daneben stammen könnten.

Er kommt halt nicht zurecht, er ist hihi nicht gut in der Schule, weil er ist halt ein Spätzünder, er braucht mich sehr, ich MUSS Urlaub haben, was soll er denn essen (der Sohnemann ist zarte 15, lautstark werden seine amourösen Abenteuer im Büro besprochen, das Aussehen der für gut oder schlecht empfundenen Freundinnen diskutiert, aber sich ein Essen machen, nein, also das geht wirklich nicht, er ist doch noch soo klein, er muss die Klasse wiederholen, weil tja er ist ja so ein Draufgänger, sagt die Mutter mit 57, die von sich als das Mädchen spricht, mit stolzgeschwellter Brust)

Wenn ich der Outlaw dann mal gefragt werde, wie geht es deiner Tochter in der Schule und ich sehr gut zur Antwort gebe, weil das nunmal so ist, dann SIE IST JA AUCH EIN MÄDCHEN.

Aha, sie ist ein Mädchen, ich mit ihr keine Familie, ich sorge für mich und DAS MÄDCHEN alleine mit meinem Gehalt, es ist ganz normal, dass sie „Leistung“ bringt, ich hingegen, ich leiste nichts.

Je nach Stimmung fällt dann meine Reaktion aus, zumeist ist es mir keine Reaktion wert. Ich habe gelernt mich selbst anzuerkennen, abwerten allerdings lasse ich mich nicht.

Der Vater hingegen, der sie mit nach Kärnten nimmt, zumeist dann weiterfährt, es sei ihm gegeönnt, er könnte es aber einfach ehrlich im Vorfeld sagen, aber Ehrlichkeit ist in seinem Fall nicht möglich, denn der Mann an seiner Seite existiert in Kärnten nicht, also diesem Vater wird aus blondrotschwarzgefärbten Müttermündern Anerkennung gezollt.

Das ist aber toll das er das macht, da hast du Glück gehabt!

Hey schleichts euch, denke ich mir da, ich sehe keine Veranlassung mich und meine Situation zu erklären. Ich weiß es zu schätzen, dass meine Tochter die Bindung zu ihren Großeltern in Kärnten hat, ich weiß es zu schätzen, dass sie eine Bindung zu ihrem Vater hat.

ich habe verdammt viel dafür geleistet

Meine Verletzungen, soweit es ging, mit mir ausgetragen, sie so als eigenständigen Menschen respektiert, dass meine Verletzung nicht zu ihrer wird

Ihr Recht, ihre zunehmende Reife, ihre Bindungen, ihre Familie.

Es gibt viel das dreht sich nicht um mich, manchmal kann das schmerzhaft sein, es war ein Loslassen von Anfang an, ich bin nicht ihre Welt, ich habe sie in eine Welt geboren, die nicht nur um mich sich dreht.

Die Sohnbüromütter finden mich deshalb als Rabenmutter, soll sein.

Für sie ist es normal, dass der Sohn schnippisch, faul und dreist sein darf, aber dann ein liebes Wort von ihm und die Frau MAMA platzt vor Stolz oder als Frau vor männlicher Anerkennung.

Männliche Anerkennung, ganz was anderes und geringeres natürlich, als es ich jemals sein kann, mit meiner Liebe zu meiner Tochter und vorallem ihrer Liebe zu mir, denn sie ist ja ein MÄDCHEN.

Ein einseitiger Blick ich weiß, aber ich erblicke das oft. Sitze bei einer lieben und gescheiten Freundin, der Sohn 13 kommt nach Haus, schmeißt die Schuhe ,, grummelt vor sich hin, kein hallo zu seiner Mutter, geschweige denn zu mir, ihre Reaktion angesichts seinem in sein Zimmer verschwindenen Rückens, ein Anerkennung suchendes, amüsiertes Lachen zu mir, ach er ist so cool, sagt dieses Lachen.

“ Sag Hallo“ sind meine Worte, wenn jemand bei uns ist und das Kind in irgendwas versunken nicht grüßt. Mich amüsiert das nicht, Respektlosigkeit und Unfreundlickeit zaubern mir kein Lachen auf die Lippen.

Ob der Suppn wos gfahlt hat, sind vielleicht heute nicht mehr oft gehörte Worte

aber oft essen Mütter immer noch ihre Suppe

stolz

wenn sie schon kalt ist.

 

 

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