William Morris und die Tapete

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Er ist der Grandfather der Tapete. Ohne ihn würden Millionen englischer und skandinavischer Häuser heute anders aussehen.

Er war aber nicht nur ein Erneuerer der Einrichtungskultur, sondern auch ein überzeugter Sozialdemokrat. Und das eine hängt mit dem anderen zusammen. Denn wer Design fürs Volk machen will, greift auch auf die Ästhetik des Volkes zurück.

Und die ist weniger verfeinert, schlichter und persönlicher als die der Herrschaft. Alltagsgegenstände haben einen anderen Charme, als Gegenstände die repräsentieren sollen.

William Morris
Sozi William Morris

Ehe mit Arbeiterin

William Morris stammt aus reichen Verhältnissen. Er geht auf gute Privatschulen, doch gilt er als wenig intelligenter Schüler. Das soll eine massive Fehleinschätzung der Lehrer sein.

Er wird später nicht neue Massstäbe in der Einrichtungskultur setzen und eine politisch wichtige Funktion erfüllen, sondern auch sehr viele Geschichten verfassen, die sehr erfolgreich sein werden.

In seiner Zeit als Oxfordstudent lernt er seine spätere Ehefrau Jane Burden kennen. Ihr Vater ist Stallmeister und ihre Mutter Waschfrau. Sie verkehrt in Künstlerkreisen, da sie unter Künstlern ein beliebtes Model ist. Ihre kupferroten Haare und ihre blasse Haut gelten im England des ausgehenden 19. Jahrhundert als Schönheitsideal.

Morris läßt sie in Tanz, Literatur und Benimm-Regeln der Oberschicht unterweisen. Trotz der „vielen Mühe“ kommt keiner seiner Familie zu ihrer Hochzeit.

Jane Burden / spätere Jane Morris

Während William Morris mit Vorliebe Möbel baut, ist Jane eine hervorragende Stickerin. Gestickte Wandteppiche werden ein wichtiger Teil der Morris Kollektionen sein. Und Jane wird auch eine wichtige Funktion in der Tapeten und Textilienfirma Morris & Co einnehmen.

Obwohl ihre Eltern aus der Arbeiterklasse stammen, teilt sie nicht die politische Überzeugung ihres Mannes. Sie ist eine deklarierte Liberale.

Blumennarr William Morris

William Morris und die Art and Craft Bewegung

Morris ist einer der Mitbegründer der Art and Craft Bewegung. Eine Art Vorhut der Hippies. Man strebte nach einem einfachen, naturnahen und inspiriertem Leben. Man wollte mit traditionellem Handwerk und in individueller Weise Haus und Garten verschönern, selbstwirksam seine Lebensumgebung gestalten. Und zwar mit Mitteln und Fertigkeiten, die jedem zugänglich sind. Die Schönheit des Materials stand dabei im Vordergrund.

Einerseits trat man mit der Art und Craft Bewegung gegen die Moderne an, die mit ihrer industriellen Ware eine Vereinheitlichung und ästhetische Rohheit mit sich gebracht hatte. Andererseits modernisierte man die Grundrisse der Häuser und passte sie den Alltagsgewohnheiten an: Funktionalität ohne Prunk aber mit viel Liebe zum Detail und Material. Wohnhäuser sollten nicht überdimensioniert sein aber ihre Ausgestaltung war dennoch lieblich, mit vielen Erkern und Sprossenfenstern. Man verwendete gerne Ziegelsteine, die nicht verputzt wurden und achtete, bei aller Lieblichkeit, dennoch darauf, dass die Architektur insgesamt schlicht und funktionell blieb.

Art and Craft Haus

Zu Morris Zeit begann man Tapeten zu drucken und es wurde leistbar für die normalen Leute ihr Heim mit Tapeten zu schmücken. So konnte man alle 10 Jahre den Stil im Haus vollkommen verändern. Zuvor konnten sich nur reiche Menschen handgemalte Tapeten leisten. Morris Tapeten sind sehr naturbezogen. Artischoken, Pfingstrosen und Singvögel ordnen sich in ihrer überlegten Wiederholung über die Bahnen. Gleichzeitig wirken sie überwuchernd. Als stünde man Mitten in der Gartenpracht.

In England kennt man ihn aber noch mehr als Schriftsteller. Er verfasst viele mythische Sagen und beeinflusst beispielsweise J.R.R.Tolkien. Seine Erzählungen dienen auch als Vorlage für die Fantasieromanreihe Narnia.

Tapeten-Nerd William Morris

William Morris bleibt bis zu seinem Tod Sozialist und gehört gemeinsam mit seiner Tochter Mary Morris zu den GründerInnen der britischen sozialdemokratischen Partei.

Klassische Morris Tapete

Mary führt nach seinem Tod die Firma Morris & Co sehr erfolgreich weiter.

Im wunderschönen Millesgården, in Stockholm, wurde William Morris kürzlich eine Ausstellung gewidmet. Mille war einer der wichtigsten schwedischen Bildhauer.

Traumgarten Millesgården

Von Morris zu Frank

Mille hat diese wunderbare Ausstellungsfläche mit einem großen Skulpturgarten geschaffen. Er war mit einer österreichischen Künstlerin verheiratet war: Olga Mille, die in Österreich kaum bekannt ist.

Millesgården ist sowohl im Winter als auch im Sommer schön. Carl Mille prägt mit seinen Skulpturen ein schwebendes nordisches Formspiel.

Millesgården im Winterschlaf

Er war gut mit dem österreichischen Designer Josef Frank bekannt, der nach Schweden auswandern musste und in Schweden bis heute als Nationalheld gilt. In fast jedem Haushalt findet sich ein Desgingstück von Josef Frank. Frank richtete auch das Angestelltenhäusschen im Millesgården ein.

Josef Frank war auch Sozialdemokrat wie William Morris. Er griff in seinen Einrichtungsdesign anfänglich auf österreichische folkloristische Wurzeln zurück und wollte wohnliche Räume schaffen, nicht herrschaftliche. Eleganz war für ihn nicht wichtiger als Heimlichkeit. Daraus entwickelte er eine ganz eigene, viel vertraulichere Eleganz. Raffinierte Linien und lebensfrohe Textilien.

Wie Morris zeichneten sich seine Stoffe oft durch rankende Blumenmuster aus. Jedoch in modernerer Ausführung und weniger „verwunschen“. Idealisierte Morris sein Leben lang das Leben in der Natur, brachte Frank die Natur in den urbanen Lebensraum.

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